Zwischenruf: Ein wirklich gutes Gesetz!

Autor: Dr. Hermann Huba, Verbandsdirektor des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg bis Dezember 2020 

Gut 40 Jahre jung ist das baden-württembergische Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (Weiterbildungsförderungsgesetz – WBG) vom 1.1.1976. Es ist das Ausführungsgesetz zu Art. 22 der baden-württembergischen Landesverfassung, wonach „die Erwachsenenbildung (...) vom Staat, den Gemeinden und den Landkreisen zu fördern (ist)“. Konkretisiert wird das WBG durch die Durchführungsverordnung vom 1.2.1979 (DVO WBG).

Ein Gesetz nicht zu kritisieren, sondern zu loben, ist durchaus unüblich. Schon gar, wenn das Lob nicht durch ein besonderes Jubiläum veranlasst ist. Wenn es hier trotzdem geschieht, dann deshalb, weil dieses alltäglich lautlos funktionierende Gesetz tatsächlich Lob verdient.

Das beginnt bei seinem Namen und Regelungsgegenstand. Das WBG regelt nicht nur die Erwachsenenbildung, also die Weiterbildung für eine eingeschränkte Adressatengruppe, eben die Erwachsenen, sondern die Weiterbildung allgemein, d. h. die gesamte außerschulische lebensbegleitende Bildung (§ 1 Abs.2 Satz 1 WBG). Deshalb entsprechen beispielsweise sog. Nachhilfe-Angebote der Volkshochschulen ebenso dem Gesetz wie vhs-Kinderkurse.

Dabei legt das Gesetz inhaltlich einen umfassenden, ganzheitlichen Weiterbildungsbegriff zugrunde, der „die allgemeine Bildung, die berufliche Weiterbildung und die politische Bildung“ umfasst (§ 1 Abs.2 Satz 2 WBG) und der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung des Einzelnen im persönlichen und beruflichen Bereich dienen sowie entsprechende Teilhabe im öffentlichen Bereich ermöglichen soll (§ 1 Abs.2 Satz 3 WBG).

Die durchgeführten Unterrichtsstunden aller Angebote, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind grundsätzlich im Gemeinwohlinteresse und deshalb grundsätzlich zur Bemessung der Landesförderung heranzuziehen (§ 14 DVO WBG, Ausnahmen § 1). Dabei wird die Landesförderung als Personalkostenzuschuss gewährt (§ 6 WBG). Dieser Regelung entspringt die etablierte, ausgesprochen unbürokratische Förder-, Nachweis- und Abrechnungspraxis.

Voraussetzungen einer Anerkennung der Weiterbildungseinrichtung als staatlich förderungswürdig sind im Wesentlichen ein umfassendes, nicht nur auf Spezialgebiete oder Lukratives beschränktes Angebot, die Offenheit für alle, ohne Rücksicht auf „Staatsangehörigkeit, gesellschaftliche und berufliche Stellung sowie politische und weltanschauliche Zugehörigkeit“, Transparenz ihrer Arbeit, Professionalität und Leistungsfähigkeit (§ 5 WBG).

Freilich ist nichts, auch nicht das baden-württembergische WBG, so perfekt, dass man es nicht noch verbessern könnte. Die erste wirkliche Verbesserung der geltenden Rechtslage wäre die Aufwertung der Weiterbildung von einer freiwilligen Aufgabe zu einer Pflichtaufgabe der Kommunen (§ 2 Abs. 5 Satz 2 WBG). Die zweite wirkliche Verbesserung wäre die gesetzliche Zusage einer Landesförderung plus einer Infrastrukturförderung bestimmter, erheblicher Höhe.

Indes: Beide Veränderungen sind, so wünschens- wert sie wären, derzeit politisch kaum zu erwarten. Und ohne sie fehlte einer Novellierung des Gesetzes ob seiner Qualität jede Rechtfertigung.

Andere notwendige Anpassungen der Förderung der Weiterbildung in Baden-Württemberg, wie die besondere Unterstützung des Ländlichen Raumes, die Förderung von Beratungsleistungen und die Förderung von Angeboten zum onlinegestützten Lernen, berühren die Ebene des Gesetzes nicht – und hat das Land – außer der besonderen Förderung des Ländlichen Raumes – mit dem Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung LN WBB und dem Digitalen Weiterbildungscampus Baden-Württemberg dankenswerter Weise bereits in Angriff genommen.