Die kommunale Verankerung der Volkshochschule

Autor: Dr. Hermann Huba, Verbandsdirektor, Volkshochschulverband Baden-Württemberg

Die kommunale Verankerung der Volkshochschule gilt als ausgemachte Sache: „Kommunalität – die enge Beziehung zum Gemeinwesen – ist für die Volkshochschulen ein konstitutives Merkmal ihrer Identität.“ (Die Volkshochschule – Bildung in öffentlicher Verantwortung. Standortbestimmung des Deutschen Volkshochschulverbandes (dvv, 2011, S. 18), „Die kommunale Verankerung ist für die Volkshochschulen ein identitätsstiftendes Merkmal.“ (Leistungsfähige Volkshochschulen – Aktivposten für Städte, Kreise und Gemeinden. Gemeinsame Erklärung der kommunalen Spitzenverbände und des dvv, 2011, I.) Ähnliches liest man im Ausbauplan IV des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg „Selbstverständnis und Zukunft der Volkshochschulen“ von 2012.

 

Was bedeutet kommunale Verankerung?

„Verankerung“ ist zunächst ein schönes Bild. Der Clou solcher Sprachbilder besteht darin, dass sie zutreffen, ohne genau festzulegen, was sie meinen. Ihre bewusste Verwendung bedeutet also eine strategische Ungenauigkeit. Strategische Ungenauigkeiten können sehr sinnvoll sein. Deshalb sollte man sie nicht vorschnell mit Präzision bekämpfen. Aber der Begriff darf natürlich auch nicht leer bleiben. Verbindlich gefüllt wird er durch das Gesetz, die (traditionelle) Übung und durch ausdrückliche Vereinbarung.

a)  Nach §1 Abs. 2 des Weiterbildungsförderungsgesetzes ist es die Kernaufgabe der Weiterbildung, also auch jeder Volkshochschule, „dem einzelnen zu helfen, im außerschulischen Bereich seine Fähigkeiten und Kenntnisse zu vertiefen, zu erweitern oder zu erneuern. Sie umfasst auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung die allgemeine Bildung, die berufliche Weiterbildung und die politische Bildung. Die Weiterbildung soll den einzelnen zu einem verantwortlichen Handeln im persönlichen, beruflichen und öffentlichen Bereich befähigen und damit der freien Gesellschaft im demokratischen und sozialen Rechtsstaat dienen.“

Neben diesen öffentlichen Kernauftrag, ein breit gefächertes, umfassendes Weiterbildungsangebot für die gesamte Bevölkerung zu unterbreiten, können weitere, auch andersartige Aufgaben der Volkshochschule treten: Sich um die Integration verschiedener Nationalitäten und Kulturen oder unterschiedlicher Generationen zu kümmern, die Fortbildung der Mitarbeiter/innen der Kommunalverwaltung zu übernehmen, berufliche Qualifizierungen anzubieten, die auf die regionalen Entwicklungsperspektiven zugeschnitten sind und/oder etwa einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Eltern- und Familienbildung zu legen.

b)  Ob weitere Aufgaben neben die zentrale Aufgabe der Volkshochschule treten und welche, mit welchen Akzenten, scheint sich aus der lokalen Tradition mühelos zu ergeben. Wie andere kommunale Akteure auch, ist die Volkshochschule im Laufe der Jahrzehnte nahezu zwangsläufig in eine spezifische örtliche Rolle hineingewachsen. Und diese Rolle bestimmt die Erwartungen an sie.

c)   Aber ist es so einfach? Traditionen und Übungen sind (noch) interpretationsfähiger, also uneindeutiger als das Gesetz. Deshalb garantieren sie keine wirkliche Übereinstimmung der Aufgabenerfüllung der vhs mit den Erwartungen der Kommune. Außerdem können – ohne Abstimmung – die Erwartungen der Repräsentanten der Kommune – Bürgermeister und Gemeinderat – und der Bevölkerung durchaus auseinandergehen.

Die nur vermeintliche Erfüllung der Erwartungen des Gegenüber auf der einen Seite und auf der anderen Seite die wegen abweichender eigener Erwartungen nur scheinbare Akzeptanz der Rollenwahrnehmung des Anderen, sind das Grundproblem aller nicht ausdrücklichen Kommunikation. Das kann man aus der eigenen Partnerschaft ebenso wissen, wie es die berufliche Beratungspraxis immer wieder belegt.

 

Aufgabenvereinbarungen  klären Erwartungen

Gegen dieses Grundproblem hilft nur: die gegenseitigen Erwartungen ausdrücklich zu thematisieren und klar festzulegen – in einer Aufgabenvereinbarung. Weil die Ressourcen der Volkshochschule nur einmal vorhanden sind, muss eine solche Aufgabenvereinbarung wenigstens grob klären, wie die Kernaufgabe der vhs zu akzentuieren ist und ob Zusatzaufgaben neben sie treten sollen und welche. Herrscht darüber Einigkeit, weiß die Volkshochschule, was von ihr erwartet wird und wissen die Bürgerinnen und Bürger sowie die Repräsentanten der Kommune, was sie von der Volkshochschule erwarten können.

Zugleich muss eine solche kurze Aufgabenvereinbarung den finanziellen Rahmen umreißen, in dem die Aufgabenerfüllung stattfinden soll. Nur dann weiß die Volkshochschule, was sie von ihrer Kommune erwarten darf und weiß die Kommune, wofür sie was leistet. Dabei geht es nicht immer um direkte finanzielle Förderung. Praktisch ebenso wichtig ist etwa, wie eine Volkshochschule untergebracht ist, ob sie über ein identitätsstiftendes eigenes Haus verfügt und wie frei ihr Zugang zu den Räumen für ihre unterschiedlichen Veranstaltungen ist.

Die Empfehlung, eine solche ausdrückliche Aufgabenvereinbarung abzuschließen, erscheint trivial. Gleichwohl fehlt es an einer belastbaren kommunalen Abstimmung der gegenseitigen Erwartungen in der Praxis viel zu häufig. Die Erfahrung lehrt, dass untergeordnete Fragen die Klärung des Grundverhältnisses alltäglich überlagern, um eben dadurch dann selbst unlösbar zu werden und jede Menge sinnvoller nutzbare Ressourcen zu verbrauchen.

Zudem erscheint eine solche Vereinbarung in Zeiten ohnehin guten Einvernehmens zwischen Kommune und vhs überflüssig, um dann allerdings in weniger guten Zeiten nur noch schwer erreichbar zu sein. Sie sollte also gerade in spannungsfreier Zeit in Angriff genommen und dann regelmäßig alle zwei Jahre formal bestätigt oder erneuert werden.

Im Gegensatz zu einer Zielvereinbarung, die mit der prinzipiellen Schwierigkeit zu kämpfen hat, dass wir Menschen die Zukunft nun mal nicht kennen (können), hat eine Aufgabenvereinbarung wie sie hier empfohlen wird, klärende und daher entlastende Wirkung. Sie festigt die inhaltlich-sachliche kommunale Verankerung der Volkshochschule.