Interkulturelle Bildungsarbeit an Volkshochschulen

Autor: Dr. Günter Behrens

Interkulturelle  Bildung  gehört  zum  Traditionsbestand der   Veranstaltungsangebote der   Volkshochschulen. Seit vielen Jahren haben sie kontinuierlich, aber auch aus aktuellen Anlässen ihren Beitrag zur Verständigung zwischen Völkern und Kulturen geleistet, Begegnungen organisiert, aufklärende Informationen und historische Bildung vermittelt und vieles mehr.

Inzwischen arbeiten und lernen in den Volkshochschulen so viele Menschen mit Migrationshintergrund bzw. aus unterschiedlichen Kulturen – nicht nur, aber besonders häufig  als  Kursleitende  im  Sprachenbereich  –, dass der interkulturelle Dialog in der Volkshochschule alltägliche Normalität geworden ist.

Die interkulturelle Bildungsarbeit an Volkshochschulen strebt an, Menschen unterschiedlicher sozialer, kultureller oder ethnischer Herkunft zu befähigen, in einer Gesellschaft möglichst friedlich und ohne gegenseitige Diskriminierung zusammen zu leben. Interkulturelle Bildung soll vertrauensbildend wirken, Brücken zwischen Kulturen bauen und die Dialogfähigkeit stärken. Die unterschiedlichen Veranstaltungsinhalte und -formen sollen als Begegnungen erlebt und erfahren werden können, in denen sich Menschen kennen lernen, einander Respekt und Anerkennung entgegen bringen und so die Möglichkeit haben, in der Konfrontation mit anderen Lebensstilen und Lebensentwürfen die Fähigkeit zu Toleranz und zum Ertragen von Ambivalenzen zu üben.

Einen wesentlichen Akzent setzen die Volkshochschulen zunehmend darauf, die traditionellen „Defizitansätze“ zu überwinden, die zumeist Mängel definieren, die beseitigt bzw. ausgeglichen werden sollen, wie z. B. mangelhafte Sprachkenntnisse, allgemeine Unwissenheit, nicht hinreichende Integrationsbereitschaft usw. Derartige Ansätze greifen jedoch zu kurz und sind in der Regel zum Scheitern verurteilt, wenn es nicht gelingt, aus Betroffenen Beteiligte zu machen.

Volkshochschulen bemühen sich, über die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus Veranstaltungen zu konzipieren und durchzuführen, die ein aktives Verständnis von Toleranz ermöglichen und dazu beitragen, die wesentlichen Ziele interkultureller Bildung zu verwirklichen:

  • die Kompetenzen und den Reichtum fremder Kulturen kennen und schätzen zu lernen;
  • im interkulturellen Dialog die Kompetenz(en) zu vermitteln, mit Widersprüchen, Mehrdeutigkeiten und auch mit Dissens umgehen zu können;
  • die Differenz zum Anderen/Fremden zu respektieren.

 

Angebote zur interkulturellen Bildung gibt es in allen Programmbereichen: von der politischen Bildung und dem großen Sprachenbereich über die Länderkunde bis zum künstlerischen Gestalten sowie auch in der Gesundheitsbildung. Kaum ein anderes Themenfeld ist in den letzen Jahren so facettenreich und engagiert bearbeitet worden; so gab es z. B.:

  • Begegnungsmöglichkeiten zwischen Einheimischen und Personen mit Migrationshintergrund und dies generationenübergreifend;
  • Auseinandersetzungen mit anderen kulturellen Bedeutungen- und Wertesystemen;
  • Qualifizierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für den interkulturellen Dialog;
  • Stärkung interreligiöser Kompetenzen bei Multiplikatoren, Erziehenden und Verwaltungsmitarbeiter/innen;
  • Förderung von Kooperationen zwischen unter- schiedlichen Bildungsträgern, Migranten- Organisationen, „Dritte-Welt-Gruppen“ usw.
     

Das neue Lehrgangssystem „Xpert Culture Communication Skills“ richtet sich an alle, die in Behörden, im Schul- oder im Sprachenunterricht, im Krankenhaus oder in multinationalen Wirtschaftsunternehmen Menschen aus anderen Kulturen begegnen und interkulturelle Kompetenz benötigen: eine Kombination aus sozialen Fertigkeiten und einschlägigem Fachwissen. Der Volkshochschulverband Baden-Württemberg führt regelmäßig entsprechende Fortbildungsveranstaltungen für unterschiedliche Niveaustufen bis zum Master- Zertifikat durch.

Zu nennen sind darüber hinaus Projekte des Volkshochschulverbandes zur  Interkulturellen Bildung wie  z. B. das Projekt „Flächendeckendes Veranstaltungsnetz für Interkulturellen Dialog“, das in den Jahren 2002/2003 vom damaligen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wurde sowie das Landesstiftungsprojekt „Neue Brücken bauen… zwischen Generationen, Kulturen und Institutionen“, das noch bis 2010 läuft.

Das letztgenannte Programm verfolgt als eines von drei wesentlichen Zielen den Brückenschlag zwischen den Kulturen. Das Programm soll einen Beitrag dazu leisten, der für unsere Gesellschaft durchaus realistischen Gefahr einer zunehmenden Kluft zwischen den Generationen und zwischen Kulturen entgegen zu wirken.

Nach zwei Ausschreibungsphasen mit insgesamt rund 100 Anträgen für Teilprojekte wurden 2007 und 2008 insgesamt rund 30 Projekte ausgewählt, die bis 2010 realisiert werden.