60 Jahre Volkshochschule und Volkshochschulverband - Gemeinsam für mehr Bildung in Baden-Württemberg

Die ersten Volkshochschulen als Einrichtungen der öffentlichen Erwachsenenbildung entwickelten sich in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluss der dänischen Heimvolkshochschulbewegung aus den Veranstaltungen der Arbeiter- und Handwerkerbildungsvereine und den populärwissenschaftlichen Hochschulkursen der Universitäten. Die Entstehung der Weimarer Republik führte in den 20er- Jahren zu einer großen Anzahl von Gründungen mit dem Ziel der Aufklärung und Kenntnisvermittlung als Beitrag für die neue demokratische Gesellschaftsordnung. Doch schon bald darauf wurden die Volkshoch- schulen während der nationalsozialistischen Herrschaft entweder zerschlagen oder in NS-Organisationen überführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden die Volkshochschulen wieder neu. Im damals noch getrennten Baden und Württemberg wurden im Laufe der Jahre 1946/1947 bereits über 60 Volkshochschulen und Volksbildungswerke gegründet, zu- meist mit Unterstützung der Alliierten.

Schon 1946 begann die Zusammenarbeit der jungen Volkshochschulen und Volksbildungswerke zunächst in regionalen Arbeitsgemeinschaften, ab 1947 in eigenen Volkshochschulverbänden. 1967 erfolgte dann die Vereinigung des Württembergischen Volkshochschulverbandes mit den entsprechenden Einrichtungen in Nordbaden und Südbaden zum landesweiten Volks- hochschulverband Baden-Württemberg e. V.

Aus kleinsten Anfängen heraus sind die Volkshoch- schulen zur größten lokal und regional verankerten Weiterbildungseinrichtung für alle Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs geworden. So haben im Jahr 2006 insgesamt über 35.000 engagierte Kursleiterinnen und Kursleiter, Dozentinnen und Dozenten an den 175 baden-württembergischen Volkshochschulen mit 763 Außenstellen in allen Programmbereichen zusammen über 110.000 Kurse mit rund 1,2 Mio. Teil- nehmenden sowie über 15.000 Einzelveranstaltungen mit rund 500.000 Teilnehmenden durchgeführt. Das ist die aktuelle Bilanz eines nunmehr 60 Jahre währenden kontinuierlichen Entwicklungsprozesses, der seit 1970 zu einer starken Ausweitung des Programms bei wachsender Nachfrage und ständig zunehmender Bedeutung des lebensbegleitenden Lernens geführt hat.

Gefördert wurde diese Entwicklung durch die verstärkte Professionalisierung insbesondere in den Bereichen Leitung, Planung und Verwaltung sowie die vom Volks- hochschulverband 1964, 1980 und 1993 herausgegebenen  Ausbaupläne. Meilensteine  der  letzten  zehn Jahre waren das 1999 verabschiedete „Leitbild der Volkshochschulen in Baden-Württemberg“, die „Gemeinsame Erklärung der kommunalen Landesverbände Baden-Württemberg und des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg“ mit dem  programmatischen  Titel „Volkshochschule als öffentliche Aufgabe“ von 2001 sowie die 2003 erfolgte Festlegung des einheitlichen Slogans „Gemeinsam für mehr Bildung“ für alle Marktauftritte der Volkshochschulen. Hinzu kommt die Umsetzung des Prozessmodells der Qualitätsentwicklung mit einer Zertifizierung von rund 2/3 des vhs- Angebots im Land seit 2003, die maßgeblich die Dynamik der Volkshochschularbeit in Baden-Württemberg verstärkt hat. Von den vielen weiteren Maßnahmen und Aktivitäten der letzen Jahre auf Landesebene seien außerdem noch beispielhaft genannt die Einführung der „vhs sprachenschule“ sowie die Durchführung zahlreicher Projekte mit der LANDESSTIFTUNG Baden- Württemberg  gGmbH  wie  insbesondere  „start  und klick!“ und eine Vielzahl von Vorhaben im Rahmen der Programmlinie „Innovative Projekte der Weiterbildung“.

Dabei unterstützt der Volkshochschulverband Baden- Württemberg mit seiner Geschäftsstelle in Leinfelden- Echterdingen als Fach- und Interessenverband die 175 Volkshochschulen im Südwesten seit jeher durch

-   die Vertretung ihrer Interessen und ihre Außendarstellung sowie durch entsprechendes Informations- und Kommunikationsmanagement,

  • die  Entwicklung  von  inhaltlichen  Angeboten  und Projekten sowie durch Beratung in allen Bereichen,
  • die Fortbildung aller vhs-Mitarbeiter/innen,
  • die Funktion als Prüfungszentrale mit der Durchführung zentraler Prüfungen sowie der Schulung der Prüfer/innen.
     

Die Mitgliederversammlung des Volkshochschulverbandes findet jedes Jahr an einem anderen Ort auf Einladung der dortigen Volkshochschule statt. Neben der öffentlichen Jahresversammlung und der internen Geschäftssitzung gehört eine Fachtagung zu einem in der Regel übergreifenden (weiter)bildungspolitischen Thema traditionell zum Programm. Seit 1997 wird dazu jeweils eine grundsätzliche Erklärung verabschiedet, die zugleich auf den Tagungsort verweist. Jede Erklärung dient sowohl als aktuelle Leitlinie für die weitere Bildungsarbeit der Volkshochschulen als auch zur Außendarstellung im Sinne eines umfassenden Marketingverständnisses.

Mit der Eppinger Erklärung „Volkshochschulen bieten Verbindlichkeit und Verbundenheit in einer globalisierten Welt“ zur Fachtagung der diesjährigen Mitgliederversammlung mit dem Thema „Heimat zwischen Tradition und Moderne“ wird nicht nur dem Veranstaltungsort Eppingen, in dem die Heimattage Baden-Württemberg 2007 stattfinden, Referenz erwiesen, sondern zugleich verdeutlicht, dass die öffentlich verantwortete und geförderte Volkshochschule als größte lokal und regional verankerte Weiterbildungseinrichtung auch und gerade in den kleinen Städten und Gemeinden des Ländlichen Raumes im Sinne der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge ist und deshalb in ihrer flächendeckenden Verbreitung erhalten und weiter ausgebaut werden muss.

 

vhs profil  – vier Merkmale der zukunftsfähigen Volkshochschule

flächendeckend

Die 175 Volkshochschulen mit ihren insgesamt rund 763 Außenstellen bilden ein flächendeckendes Netz lokal und regional verankerter Weiterbildungseinrichtungen in öffentlich verantworteter und geförderter Trägerschaft.

kommunal

Die Volkshochschule als kommunales Kultur- und Weiterbildungszentrum trägt mit ihrem wohnort- nahen Veranstaltungsprogramm dazu bei, aus Einwohnern eines Ortes Bürgerinnen und Bürger der Kommune zu machen.

integrativ

Für die Volkshochschulen ist die Integration von Gegenläufigem und Widersprüchlichem alltägliche Praxis; sie vermitteln gleichermaßen und gleichwertig personale Orientierung, soziale Entfaltung und fachliches Verwendungswissen.

neutral

Volkshochschulen sind parteipolitisch und weltanschaulich neutrale Orte, an denen kontroverse Themen behandelt werden als Beitrag zur Stärkung der Reflexion und der Kommunikationsfähigkeit in der Gesellschaft.