Volkshochschule und Kommune: eine besondere Partnerschaft

Autor: Dr. Hermann Huba, Verbandsdirektor, Volkshochschulverband Baden-Württemberg

Die kommunale Verankerung der Volkshochschule ist eine ausgemachte Sache. Sie gilt gar als „identitätsstiftendes Merkmal“ der vhs, wie es in der Gemeinsamen Erklärung der kommunalen Spitzenverbände und des Deutschen Volkshochschulverbandes heißt. In jedem Fall begründet sie eine enge Verbundenheit der Volkshochschule mit dem lokalen Gemeinwesen. Aber spiegelt sich diese enge Verbundenheit auch in einem besonderen Verhältnis der Kommune zur vhs? Ist die vhs auch aus Sicht der Kommune eine privilegierte Partnerin?

Nicht nur das Gesetz (I.), sondern auch die Tradition und vor allem der öffentliche Auftrag der vhs (II.) sprechen für eine besondere Partnerschaft auf Gegenseitigkeit, auch in der Zukunft (III.).

 

I. Gesetzliche Grundlagen

Weiterbildung zählt zu den Aufgaben der grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 GG). Art. 22 der baden-württembergischen Landesverfassung macht es dem Staat, den Gemeinden und den Landkreisen darüber hinaus ausdrücklich zur Aufgabe, die Erwachsenen- bildung zu fördern. Nach § 2 Abs. 5 Weiterbildungsförderungsgesetz (WBG) erfüllen die Gemeinden und Landkreise diese verfassungsrechtliche Verpflichtung „insbesondere durch die Errichtung und Unterhaltung von Volkshochschulen und kommunalen Bibliotheken“.

Vor diesem Hintergrund betrachtet die aktuelle Gemeinsame Erklärung der Kommunalen Landesverbände Baden- Württemberg und des Volkshochschulverbandes Baden- Württemberg Volkshochschule als öffentliche Aufgabe die öffentlich verantwortete und geförderte Volkshochschule nicht nur als größte lokal und regional verankerte Weiterbildungseinrichtung, sondern sogar als „elementaren Bestandteil der Daseinsvorsorge.“

Dieser weitgehenden normativen Identifikation der Kommunen mit ihren Volkshochschulen entsprechen die Fakten: Von den 173 baden-württembergischen Volkshochschulen sind 109 in direkter kommunaler Trägerschaft. An den verbleibenden 64 Einrichtungen in Form eingetragener Vereine (60) oder in GmbH-Form (4) sind die Kommunen indirekt über die Mitgliedschaften von Bürgermeistern und Gemeinderäten in Gremien entscheidend und zugleich demokratische Legitimation vermittelnd beteiligt.

Mit einem Anteil von landesdurchschnittlich derzeit 27,3 Prozent an der Gesamtfinanzierung leisten die Gemeinden den mit Abstand größten Teil der öffentlichen Förderung der vhs (Land 7,5 Prozent).

 

II. Öffentlicher Auftrag der Volkshochschule

Diese – gleichwohl ausbaufähige – kommunale Förderung ist dem öffentlichen Auftrag der Volkshochschule geschuldet. Nach § 1 Abs. 2 WBG ist es die Aufgabe der Weiterbildung, also auch der Volkshochschule, „dem einzelnen zu helfen, im außerschulischen Bereich seine Fähigkeiten und Kenntnisse zu vertiefen, zu erweitern oder zu erneuern. Sie umfasst auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung die allgemeine Bildung, die berufliche Weiterbildung und die politische Bildung. Die Weiterbildung soll den einzelnen zu einem verantwortlichen Handeln im persönlichen, beruflichen und öffentlichen Bereich befähigen und damit der freien Gesellschaft im demokratischen und sozialen Rechtsstaat dienen.“

Mit dieser Auftragserteilung bringt das Weiterbildungsförderungsgesetz Mitte der 70er Jahre die Entwicklung der Volkshochschule seit Beginn des vorigen Jahrhunderts auf den Begriff und verlängert sie in die Zukunft. Die Verpflichtung auf ein breit gefächertes, flächendeckendes Weiterbildungsangebot (§ 1 Abs. 1 Satz 2 WBG) bedingt das Selbst- und Fremdverständnis der Volkshochschule „als das kommunale (...) Weiterbildungszentrum“ (Gemeinsame Erklärung der kommunalen Spitzenverbände und des DVV). Und als solches eignet sie sich zum Instrument der Kommune:

„Mit ihren Volkshochschulen verfügen die Kommunen über ein eigenes Steuerungs- und Gestaltungsinstrument im bildungs-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Bereich. Ziel der Steuerung ist ein bedarfsgerechtes, zukunftsfähiges, niederschwelliges und bezahlbares Angebot an Weiterbildung, das die Bürgerinnen und Bürger darin unterstützt, ihre Arbeits- und Lebenswelt erfolgreich zu gestalten.“ (ebd.)

Dabei wird die wechselseitige Nähe von vhs und Kommune durch zwei Umstände begünstigt. Zum einen durch die weltanschauliche Neutralität der vhs, die der Pflicht des Staates und der Kommunen zur Nichtidentifikation entgegenkommt. Und zum anderen die Verpflichtung und Selbstverpflichtung der vhs auf Offenheit für alle, unabhängig von Herkunft oder wirtschaftlicher Lage, die der Gemeinwohlorientierung der Kommune entgegenkommt.

 

III. Zukunft der Partnerschaft von vhs und Kommune

Die wechselseitige Angewiesenheit ist auch für die künftige Entwicklung von vhs und Kommune maßgebend. Die Auf- gaben der Kommune sind die Herausforderungen der Volkshochschule und vice versa. Dabei stehen neben der zentralen Aufgabe, ein breit gefächertes Weiterbildungsangebot in den Bereichen Politik – Gesellschaft – Umwelt, Kultur – Gestalten, Gesundheit, Sprachen und Arbeit – Beruf für die gesamte Bevölkerung zu unterbreiten, insbesondere sechs Schwer- punkte im Vordergrund:

  • die Förderung weiterbildungsferner, gering qualifizierter und einkommensschwacher Gruppen, zum Beispiel durch Alphabetisierung, Grundbildung und das Nachholen von Schulabschlüssen;
  • die Eltern- und Familienbildung;
  • die Bereitstellung generationengerechter und inter- generationeller Bildungsmaßnahmen im Zuge des demographischen Wandels;
  • die Weiterentwicklung der Volkshochschule zu einem interkulturellen Kompetenzzentrum, einschließlich der Stärkung der Integrationsarbeit und der Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund für deren soziale, kulturelle und wirtschaftliche Integration;
  • die Förderung des Fachkräftepotentials durch berufsvorbereitende, berufsbezogene Module, Lehrgänge und Zertifikate und deren Einbringung in berufsqualifizierende kommunale Netzwerke;
  • verstärkte Kooperationen mit Schulen, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Betrieben, Institutionen, Vereinen, Initiativen und Gruppen, um durch Bündelung der Leistungskraft eine regionenspezifisch bessere Versorgung aller Altersgruppen mit Lern- und Bildungsmöglichkeiten über den gesamten Lebenslauf zu erzielen.

 

Veröffentlichungen zur Partnerschaft von vhs und Kommune:

  • Deutscher Volkshochschulverband, Die Volkshochschulen – Bildung in öffentlicher Verantwortung. Bonn 2011.
  • Gemeinsame Erklärung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) und des Deutschen Volkshochschulverbandes (DVV): Leistungsfähige Volkshochschulen – Aktivposten für Städte, Kreise und Gemeinden
  • Gemeinsame Erklärung der Kommunalen Landesverbände Baden-Württemberg und des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg: Volkshochschule als öffentliche Aufgabe (https://www.vhs-bw.de/vhs-oeffentliche-aufgabe.html)