Kursleitende und Volkshochschulen

Autor: Dr. Hermann Huba, Verbandsdirektor, Verbandsdirektor, Volkshochschulverband Baden-Württemberg

 

1. Beschluss

Am 3. Mai 2012 hat der Vorstand des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg beschlossen:

„Der Volkshochschulverband Baden-Württemberg schätzt das ganz überwiegend anzutreffende vertrauensvolle partnerschaftliche Miteinander und die herrschende Solidarität zwischen den Volkshochschulen und ihren Kursleitenden als besonderen Wert und sieht die Volkshochschulen politisch als Anwälte auch der Kursleitenden. Deshalb empfiehlt er den Volkshochschulen, das kontinuierliche Gespräch zwischen den Kursleitenden und den Leitungen in geeigneter Weise sicherzustellen, die Kursleitenden an Entscheidungen der Einrichtungen zu beteiligen und die politischen Argumentationen systematisch um die Perspektive der Kursleitenden zu erweitern.“

Wie der Deutsche Volkshochschulverband (DVV) richtet der baden-württembergische Landesverband mit diesem Beschluss seine besondere Aufmerksamkeit aktuell auf das Verhältnis der Volkshochschulen zu ihren Kursleitenden. Dies zu Recht, denn die Kursleitenden repräsentieren die Volkshochschulen in besonderer Weise.

 

2. Repräsentation

Angesichts der Möglichkeiten der elektronischen Anmeldung und sonstiger Kommunikation ist der einzige Mensch, dem vhs-Teilnehmer/innen sicher unmittelbar persönlich begegnen, die Kursleitung. Sie prägt den Eindruck von der Einrichtung, ja sie ist die Verkörperung der Volkshochschule. Ihre Schwächen sind vhs- Schwächen, ihre Stärken sind vhs-Stärken.

Die unmittelbare persönliche Begegnung mit der Kursleitung findet in jener Situation statt, auf deren Gestaltung hin die gesamte Weiterbildungseinrichtung ausgerichtet ist, nämlich in der Lehr-/Lern-Situation, dem andragogischen Kernprozess. Diese Begegnungssituation ist einmalig, unwiederholbar und durch die Einrichtung praktisch nicht kontrollierbar. Was der einzelne Teilnehmende hier an Sensibilität und Kompetenz der Kursleitung erfährt, befördert seine Selbstveränderung und was hier nicht wahrgenommen oder nicht beantwortet wird, behindert sie. Damit hängt der Erfolg der Einrichtung wesentlich ab von den fachlichen, sozialen und emotionalen Kompetenzen der Kursleitenden.

 

3. Status

Trotz dieser prägenden Bedeutung der Kursleiter/innen für die Darstellung und den Erfolg der Einrichtung sind die Kursleitenden regelmäßig nicht hauptberuflich im Angestelltenstatus für die Volkshochschulen tätig, sondern als freie Mitarbeiter/innen auf Honorarbasis. Dieser Status ist dem öffentlichen Auftrag der Volkshoch- schulen geschuldet. Der Auftrag der vhs geht nämlich dahin, für möglichst alle Schichten und Milieus, möglichst überall, in allen sinnvollen Formen, zu allen denk- baren Zeiten und mit allen erfolgversprechenden Methoden jeden erforderlichen Inhalt vorzuhalten. Und diese Verpflichtung auf soziale, methodische und sachliche Generalität ist mit einem festen Stamm an Lehrpersonal nicht zu leisten. Sie verlangt vielmehr nach einer prinzipiell unbegrenzten Anzahl wechselnder Spezialistinnen und Spezialisten. In Baden-Württemberg sind es derzeit 47.000 Personen.

 

4. Honorar

Eine nicht exakt bestimmbare Anzahl dieser Kursleiten- den, schätzungsweise im Prozentbereich, übt neben ihrer Tätigkeit für die vhs keinen anderen Hauptberuf aus, ist also für die vhs nicht nebenberuflich tätig. Dieser Personenkreis der hauptberuflichen Honorarlehrkräfte bemüht sich, mit seiner Tätigkeit an der vhs seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Kursleitenden sind ganz überwiegend in langen, systematisch angelegten Lehrgängen, vor allem in Integrationskursen eingesetzt. Wegen ihres geringen Einkommens, der nur eingeschränkten  Beschäftigungsstabilität  und  wegen der fehlenden Absicherung gegen soziale Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und auch Alter, leben manche dieser Kursleitenden in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen.

Deshalb werden im politischen Raum derzeit Forderungen nach Mindesthonoraren (in Integrationskursen) von 25 bis 30 € pro Unterrichtsstunde erhoben.

Demgegenüber steht allerdings fest, dass eine durch- gängige Erhöhung der Kursleitenden-Honorare in diesem Umfang die Volkshochschulen finanziell heillos überforderte, ja zerstörte. Eine Finanzierung über Teilnahmeentgelte scheidet aus, weil starke Anstiege der Teilnahmeentgelte Teilnehmende kosten. Und Anstiege der öffentlichen Zuschüsse sind in diesem Umfang bei weitem nicht zu erwarten.

 

 5. Wertschätzung

Das Honorar ist indessen zwar ein wichtiger, nicht je- doch der einzige Eckpunkt, der das Verhältnis der Volkshochschulen zu ihren Kursleitenden bestimmt. Die beiden anderen Eckpunkte sind der Service für die Kursleitenden und die ideelle Wertschätzung, die die Kursleitenden an der Volkshochschule erfahren.

Zwischen diesen drei Eckpunkten besteht ein Kompensationszusammenhang. Geringere Honorare können und sollen beispielsweise durch verbesserten Service für die Kursleitenden (teilweise) ausgeglichen werden.

Ideelle Wertschätzung drückt sich aber selbstverständlich auch aus in der Beteiligung der Kursleitenden an Entscheidungen der Einrichtung. In diesem Zusammenhang,  aber  auch  generell  ist  das  kontinuierliche Gespräch zwischen Kursleitenden und Leitungen von besonderer Bedeutung. Dieser Gesprächsfaden, der den fachlichen Kontakt der Kursleitenden zu den Fachbereichsleitungen nicht stören darf, ist ein überfachlicher, ein politischer.

Und nicht zuletzt erhält und erweitert die Berücksichtigung der Interessen des jeweils anderen jenes vertrauensvolle partnerschaftliche Miteinander und jene Solidarität zwischen den Kursleitenden und den Volkshoch- schulen, von denen der obige Beschluss zu Recht ausgeht.

Ich würde mich freuen, wenn dieser Beschluss den Anfang eines Gesprächsfadens auch zwischen Ihnen, den Kursleiterinnen und Kursleitern in Baden- Württemberg, und dem Volkshochschulverband bedeutete. Schreiben Sie mir!