Digitalisierung nutzen – Arbeits-, Lehr- und Lernsettings erweitern

Autorin: Dr. Julia Gassner, Fachreferentin Kultur – Gestalten, Volkshochschulverband Baden-Württemberg

Die Digitalisierung erfasst alle Lebensbereiche, auch die Bildung und auch die Volkshochschulen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer buchen ihre Kurse online, über die Homepage ihrer Volkshochschule oder über die vhsApp. Volkshochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aus ganz Deutschland vernetzen sich in Online-Communities und tauschen sich in Webkonferenzen aus. Und Kursleiterinnen und -leiter arbeiten mit Beamer, Laptop und Visualizer, mit Videos und Learning Apps, um den Lernstoff anschaulich und interaktiv zu vermitteln.

Der Volkshochschulverband Baden-Württemberg unterstützt die vhs-Mitarbeiter/innen und -Kursleiter/innen dabei, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, um für ihre Teilnehmer/innen passgenaue Weiterbildungsarrangements zu gestalten.


Beispiele für Einsatzmöglichkeiten

So können beispielsweise Smartphones, Tablets oder Fitness-Armbänder in den Unterricht integriert werden – als Wörterbuch, Skizzenblock oder Trainingstagebuch. Im Projekt „Bildungsinitiative Smartphone und TabletPC“ wurden diese Einsatzmöglichkeiten bei Fachtagen beim Volkshochschulverband vorgestellt und diskutiert. Oder der Präsenz-Unterricht an der Volkshochschule wird mit Online-Lernphasen kombiniert: Teilnehmende können z. B. online mit Expertinnen und Experten aus anderen Ländern kommunizieren oder Materialien online abrufen und Versäumtes nachholen. Der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) hat für diese Integration der Digitalisierung in den klassischen vhs-Unterricht den Begriff „Erweiterte Lernwelten“ geprägt. Im Mittelpunkt des Konzepts stehen nicht die Möglichkeiten digitaler Tools, sondern die Bedürfnisse der Lernenden. Beispielsweise wird das Lernen individueller und flexibler, wenn Teilnehmende bestimmte Lerninhalte und Aufgaben orts- und zeitunabhängig bearbeiten können. Eine Virtual Reality-Brille mit den passenden Inhalten ermöglicht z. B. auch denjenigen Teilnehmenden einen Museumsbesuch, die nicht reisen können oder wollen. Und über eine Webkonferenz können sich Sprachkurs-Teilnehmende live mit Muttersprachler/innen unterhalten. Viele Volkshochschulen sammeln bereits seit einigen Jahren Erfahrungen mit solchen Lernsettings – und zwar gute: Der Einsatz reicht vom digitalen Reisetagebuch bis zum Firmenkurs, von Webinaren in der Allgemeinbildung bis zum Kunstkurs im flipped classroom-Konzept.


Angebote und Aktivitäten des vhs-Verbands

Mit verschiedenen Angeboten begleitet der Volkshochschulverband die Volkshochschulen auf dem Weg der Digitalisierung:

  • Zugang zum „Digitalen Weiterbildungscampus Baden-Württemberg“: Über den vhs-Verband erhalten Volkshochschulen einen Zugang zum Digitalen Weiterbildungscampus des Landes, einer Lernplattform, die auf dem Lernmanagementsystem ILIAS basiert und weitere Funktionen wie ein virtuelles Klassenzimmer integriert. Das Design und die Struktur der Plattform wurden an die Volkshochschulen angepasst: Der gemeinsame vhs-Markenauftritt ist umgesetzt und es gibt sowohl gemeinsame Bereiche für alle Volkshochschulen  als auch einen eigenen Bereich für jede beteiligte vhs.
     
  • Mitwirkung in landes- und bundesweiten Arbeitsgruppen: Der vhs-Verband arbeitet aktiv in der „Fachgruppe Neue Medien und mobiles Lernen“ des Kultusministeriums Baden-Württemberg mit. Auch im Bundesarbeitskreis „Erweiterte Lernwelten“ des DVV ist der vhs-Verband vertreten.
     
  • Einrichtung von Informations- und Austausch-Foren: Mit Unterstützung des Vorstands tagt seit März 2015 die „Task Force Unterricht 4.0“, eine Gruppe von vhs-Leiter/innen und -Mitarbeiter/ innen. Erste Ergebnisse sind ein Konzept für eine Veranstaltung „Einführung in die Mediennutzung an der vhs“ sowie ein Fachtag im Juni 2016. Noch in diesem Jahr wird der Verband zwei so genannte „Digicircles“ einrichten, Zusammenschlüsse von 3 bis 5 Volkshochschulen, die – moderiert vom DVV, dem Verband und externen Expert/innen – digitale Lernsettings ausprobieren und sich über ihre Erfahrungen austauschen.
     
  • Durchführung von Projekten: In Projekten wie der „Bildungsinitiative Smartphone und Tablet-PC“, der „Mobilen Wasserwerkstatt“ oder den „Interkulturellen Trainings für Kommunen“ werden Materialien auf der Lernplattform des Digitalen Weiterbildungscampus zur Verfügung gestellt. Die beteiligten Kursleiter/ innen und vhs-Mitarbeiter/innen haben so jederzeit Zugriff darauf und die Kurse können nach einheitlichen Standards durchgeführt werden.
     
  • Xperte Business LernNetz: Im neu gegründeten Xpert Business LernNetz (www.xpert-business-lernnetz.de) kann jetzt jede vhs fast das komplette XB-System anbieten, und zwar mit Durchführungsgarantie für Webinare. So geben Volkshochschulen ihren Teilnehmenden die Sicherheit, dass sie (auch höhere) XB-Abschlüsse zuverlässig erreichen können. Das bringt auch Zugkraft in die Einstiegsmodule.
     
  • Fortbildungen: Fortbildungen zu digitalen Tools sowie zu didaktischen Konzepten, die diese Tools integrieren, werden verstärkt angeboten. Der Verband entwickelt ein Konzept für eine "Zusatzqualifikation Unterricht 2.0" mit der Kursleitende ihre Kompetenzen im Bereich Digitalisierung nachweisen können: damit die Teilnehmenden eigene Erfahrungen mit online-gestütztem Lernen machen können, werden diese Fortbildungen z.T. durch Online-Phasen ergänzt.

 

Top down und bottom up

Mit diesen Angeboten von der gemeinsamen Lernplattform über Fortbildungen bis zu Prüfungen schafft der vhs-Verband „top down“ Rahmenbedingungen, die es Volkshochschulen und Kursleiter/innen ermöglichen, ihre Angebote mit digitalen Tools zu ergänzen und zu erweitern.

Wie in anderen Bereichen der Internetnutzung lebt jedoch auch das „Lernen im Web“ vom Engagement kreativer Einzelner (=bottom up). Der Verband bietet Möglichkeiten für Austausch und Vernetzung, damit sich diese Praxisbeispiele in der vhs-Landschaft verbreiten können. Entsprechend dieser Aufgabenteilung kann die Geschäftsstelle nur bestimmte Aufgaben übernehmen, andere liegen in der Verantwortung der Volkshochschule oder Dritter, beispielsweise der Verlage. Welche Angebote sie nutzt und wie sie die Digitalisierung umsetzt, kann und muss jede Volkshochschule nach ihrem Ermessen und ihren Möglichkeiten entscheiden.


Vorteile von „analoger“ vhs

Bei der Frage, wie sehr sie auf Digitalisierung setzen, dürfen Volkshochschulen ihre Stärken nicht vergessen: Ihre Kernkompetenz – und voraussichtlich in absehbarer Zeit auch ihr Kerngeschäft – ist und bleibt der Präsenzunterricht. Inzwischen erkennen sogar reine Online-Anbieter wie Udacity den Wert von physischen, lokalen Lerngruppen: Udacity, eine Plattform für so genannte MOOCs (Massive Open Online Courses) führt solche Gruppen ein.

In der Kombination von analog und digital, von online und offline kann die Volkshochschule ihre Stärke ausspielen: „Think global, learn local“ heißt die Devise: Für manche Themen eignen sich digitale Formate gut, für andere ist die Begegnung live vor Ort wichtiger. Die Volkshochschule kann dies durch ihre flächendeckende Präsenz ermöglichen.

Und ganz unabhängig davon, ob sie selbst digitale Lernangebote macht, kann sich die Volkshochschule als Ort positionieren, an dem über Digitalisierung informiert und diskutiert wird. Denn Digitalisierung betrifft alle Lebensbereiche, nicht nur Bildung. Die vhs ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern, sich mit den Konsequenzen der Digitalisierung vom selbst fahrenden Auto über Industrie 4.0 bis zur Künstlichen Intelligenz auseinanderzusetzen. Auch offline.