Bildung für nachhaltige Entwicklung und die Agenda 2030

Bildung für nachhaltige Entwicklung und die Agenda 2030

Autor: Dr. Michael Lesky, Fachreferent Politik – Gesellschaft – Umwelt, Volkshochschulverband Baden-Württemberg

Wir leben in einer Welt, die durch eine rasante wirtschaftliche Entwicklung geprägt ist, verbunden mit großen ökologischen, gesellschaftlichen und demographischen Herausforderungen: Klimawandel und Artensterben haben sich beschleunigt, die Übernutzung der natürlichen Ressourcen der Erde setzt sich ungebremst fort, Ungleichheiten werden größer. Die Bevölkerungszahl auf der Erde wird bis 2050 voraussichtlich von heute rund sieben auf dann fast zehn Milliarden ansteigen – ein Großteil der zusätzlichen drei Milliarden wird in Städten leben. Kriege führen zu einer neuen Phase der Hochrüstung: Die weltweiten Militärausgaben haben sich zwischen 2001 und 2016 mehr als verdoppelt.

Eine unveränderte Fortsetzung unserer bisherigen industriegesellschaftlichen Lebens- und Wirtschaftsweise würde in Zukunft zu einer dramatischen Zunahme ökologischer Risiken, ökonomischer Krisen und sozialer Ungerechtigkeit auf unserem Planeten führen. Auf diese düstere Vision einer zukünftigen Welt antwortet das Konzept der nachhaltigen Entwicklung mit dem ethisch orientierten Ansatz einer Entwicklung, die die Lebensqualität der gegenwärtigen Generation sichert und gleichzeitig zukünftigen Generationen Möglichkeiten zu einer Gestaltung ihres Lebens erhält, die Mensch und Umwelt achtet. 

Der Weg zu einer nachhaltigen, global gerechten Welt führt nicht zuletzt über Bildung. Das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) will allen Menschen ermöglichen, die Werte, Kenntnisse und Fertigkeiten zu erlangen, die für eine zukunftsfähige Gestaltung des eigenen Lebens und der Gesellschaft notwendig sind und sie in Zeiten der Globalisierung handlungsfähig macht. Die BNE möchte Menschen dabei unterstützen, Kompetenzen zu entwickeln, die es ihnen erlauben, sich selbstständig und gemeinsam mit anderen für  nachhaltige Entwicklung einzusetzen und diese substanziell voranzubringen (Gestaltungskompetenz). In einem ganzheitlichen Ansatz werden die ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen und politischen Dimensionen aufgenommen und die Verschränkung von globalen, regionalen und lokalen Strukturen und Prozessen berücksichtigt. Dabei nimmt BNE nicht nur den Menschen, sondern alle Lebewesen und Lebensräume in den Blick.


Agenda 2030 und die 17 Weltentwicklungsziele

Aus dieser Vorstellung von nachhaltiger Entwicklung geht hervor, dass die ganze Welt, d.h. alle Menschen, aufgefordert ist, sich den bestehenden Herausforderungen zu stellen. Hierbei handelt es sich um  eine ganzheitlich umzusetzende Aufgabe. Die Agenda 2030 nimmt diese Gedanken auf. Sie schließt in ihr Konzept einer nachhaltigen Entwicklung die Menschen aller Länder (auch der Industrieländer) ein und formuliert 17 Ziele aus den zentralen Dimensionen nachhaltiger Entwicklung (Ökologie, Wirtschaft, Soziales, Politik). Zudem beruft sich die Agenda ausdrücklich auf die Menschenrechte und nimmt Bezug auf die Bereiche Frieden und internationale Zusammenarbeit. Armutsbekämpfung und Umweltschutz werden miteinander verknüpft. Die Agenda 2030 beschränkt sich aber nicht darauf, gemeinsame Ziele zu definieren, sondern sie beschreibt auch die Zielvorgaben, die zu ihrer Umsetzung benötigt werden.


Umsetzung in die Bildungsarbeit der Volkshochschulen

Für die Bildungsarbeit der Volkshochschulen bieten die unterschiedlichen Aspekte der Agend 2030 vielfältige inhaltliche Anknüpfungspunkte: Wir leben in EINER Welt – Konsummuster in Deutschland haben mit Arbeitsbedingungen und Menschenrechten in anderen Teilen der Erde zu tun, der CO2-Ausstoß gerade der „industrialisierten“ Länder verstärkt den Klimawandel, der nicht Halt macht vor Landesgrenzen. Wenn Armut gemacht wird, wer ist dann daran beteiligt, was sind die globalen Zusammenhänge ihrer Entstehung? Was bedeutet Armutsreduzierung in Deutschland, was in den ärmsten Staaten dieser Erde? Was ist uns Wohlstand für alle wert? Und was ist überhaupt ein „gutes Leben“? Wie hängen wir in einer globalisierten Welt im Großen wie im Kleinen über die Kontinente hinweg voneinander ab? Ganzheitliche Bildung fragt danach, welche Rolle jede/r von uns übernehmen kann auf dem Weg zu einer global gerechten, friedlichen Weltgesellschaft, die Mensch und Umwelt gleichermaßen im Blick hat. Damit bietet sie einen Rahmen für die Unterstützung von Kompetenzen, die Menschen für eine Beteiligung am Prozess der in der Agenda 2030 postulierten „Transformation der Welt zum Besseren“ benötigen. Ein kritisches Engagement erfordert Informationen und Möglichkeiten, sich auf Basis von Reflexion und Austausch zu positionieren und (gemeinsam) Handlungsalternativen zu erarbeiten und auszuprobieren. Konkrete Hilfestellungen und Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich der vhs bietet z.B. das bundesweite Projekt „Globales Lernen“ des DVV International. In Baden-Württemberg gibt es seit 2017 das Projekt „Stadt. Land. Welt“.


Stadt. Land. Welt – Globale Entwicklungsziele für eine nachhaltige Zukunft

Im diesem Projekt erproben Engagement Global und der Volkshochschulverband Baden-Württemberg zusammen mit sechs Volkshochschulen die Umsetzung der ambitionierten Bildungsaufgaben im Bereich der BNE. Ein zentraler Punkt ist die Netzwerkarbeit – Akteure der Nachhaltigkeit aus der Region, zum Beispiel Vereine, Gruppen und Organisationen, die sich mit Fragen der Umwelt- und Entwicklungspolitik beschäftigen, werden aktiv in die Projektarbeit vor Ort miteinbezogen. In zwei Fachtagen wurden die Einzelprojekte vorgestellt und Kooperationsmöglichkeiten aufgezeigt. Aus den Projekterfahrungen werden konkrete, umsetzungsorientierte Handlungsempfehlungen entwickelt.

Eine vorzeitige Schlussfolgerung aus dem Projekt heraus ist, dass die Bildung für nachhaltige Entwicklung noch stärker in das Portfolio der Erwachsenenbildungseinrichtungen integriert werden kann. Deshalb veranstalten die Volkshochschulverbände in Baden-Württemberg und Bayern in Kooperation mit Engagement Global am 25. September 2018 in der vh Ulm einen Kongress über die Agenda 2030 und ihre Umsetzung in Bildungsangebote. Neben Hilfestellungen in Theorie und Praxis (Akteure, Materialien, Projekte, Förderinstrumente) stehen der länderübergreifende Austausch und die Vernetzung im Vordergrund. Zielgruppe sind Institutionen und Akteure der Erwachsenenbildung.