Chancen und Herausforderungen digitaler Medien für politische Kommunikation und Partizipation

Autorin: Saskia Ganz, Juniorreferentin für Digitalisierung, Volkshochschulverband Baden-Württemberg

Grenzübergreifend, vernetzt, direkt und synchron  – so lässt sich die Kommunikation im Internet und in sozialen Netzwerken beschreiben. Internet-Kommunikation ist nicht an geografische Grenzen einzelner Nationalstaaten gebunden. Informationen können von jedem Ort der Welt in Echtzeit abgerufen, geteilt und kommentiert werden. Neue Web-2.0-Technologien und Anwendungen, wie z. B. Instagram und Facebook, erweitern die Formen der Online-Kommunikation um eine kollaborative und interaktive Komponente.

Neben einem eigenen Internetauftritt sind heutzutage zahlreiche politische Akteur*innen auch auf sozialen Netzwerken präsent. Ziel ist es in direkten Kontakt mit den Bürger*innen zu kommen. Politische Informationen und Inhalte werden nicht mehr von Journalist*innen und Redakteur*innen, die bei klassischen Medieninstitutionen wie Rundfunk oder Presse arbeiten, aufbereitet, sondern gehen ungefiltert ins World Wide Web. Die Informationen gehen direkt an die Rezipient*innen und die Funktion der traditionellen Massenmedien als Gatekeeper fällt weg. Eine Selektion oder gar Filterung von politischen Inhalten und deren Objektivierung findet nur bedingt statt.1

Sind die neuen digitalen „sozialen“ Medien eine Chance oder eine Gefahr für die demokratische Meinungsbildung?

Die neuen Kommunikationskanäle des Web 2.0 brechen etablierte Medienstrukturen auf und ermöglichen nicht mehr nur den Vertreter*innen klassischer Medieninstitutionen, sich an der öffentlichen Meinungsbildung zu beteiligen, sondern jeder und jede Einzelne bekommt eine Stimme im politischen Diskurs.

Themenblogger*innen, YouTube-Stars oder auch Influencer*innen verschaffen sich zunehmend einen Platz in der (politischen) Öffentlichkeit und tragen zur Meinungsbildung bei. Ein populäres Beispiel liefert der YouTube-Star Rezo im Jahr 2019: Mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“ polarisierte der junge YouTuber kurz vor der Europawahl.2

Durch die wegfallende Gatekeeper-Funktion der traditionellen Medieninstitutionen verändert sich aber auch der Charakter der politischen Diskussion. Unsachliche, reißerische oder gar polemische Beiträge wirken im Internet gleichwertig mit sachlichen und differenzierten Diskussionsbeiträgen.3

Problematisch für demokratische Meinungsprozesse ist auch die personalisierte Filterblase im Internet: Softwareprogramme und Algorithmen filtern Informationen nach den Vorlieben und Interessen von User*innen und orientieren sich an deren bisherigem Such- und Netzverhalten.

Diese Vorgehensweise führt zu einer verzerrten Wahrnehmung der User*innen und schränkt deren Blick auf die offene Welt ein.

Welchen Beitrag kann die Volkshochschule bei dieser politischen Kommunikation leisten?

Die politische Bildung als zentrale Aufgabe der Volkshochschulen soll Menschen „dazu befähigen, sich die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Wertmaßstäbe anzueigen, um sich urteils- und entscheidungsfähig, aktiv und kompetent an der Gestaltung unserer Gesellschaft beteiligen […] zu können.“4 Diese Fähigkeit wird vor allem in demokratischen Meinungsbildungsprozessen zu einer Schlüsselkompetenz.

Volkshochschulen eignen sich bei politischen Fragestellungen und Themen als soziale Orte zum Austausch, da diese weltanschaulich und parteipolitisch neutral sind. In Fachvorträgen oder Diskussionsrunden können Bürger*innen sich mit Vertretern*innen von politischen Parteien, Verbänden oder anderen gesellschaftlichen Akteure*innen über politische, gesellschaftliche und soziale Fragen austauschen sowie kontroverse Themen diskutieren.

Damit sich Bürger*innen bei politischen Debatten im digitalen Raum beteiligen können, benötigen diese über die technischen Fähigkeiten hinaus Kenntnisse und Wissen über Mechanismen und Strukturen von Medieninstitutionen. Menschen sollen zu einem selbstbestimmten Umgang mit Kommunikationsmedien befähigt werden. Das bedeutet in ihrer Rolle als Internetnutzer*innen setzen sich Bürger*innen kritisch mit Beiträgen und Inhalten im Internet auseinander. Geteilte Inhalte dürfen nicht einfach kritiklos als Wahrheit aufgefasst werden, sondern benötigen eine Prüfung und Bewertung durch den Einzelnen.
Volkshochschulen unterstützen Bürger*innen beim Aufbau entsprechender Fähigkeiten und geben Orientierungshilfen. Medienkompetenz als zentrale Schlüsselkompetenz muss in Kursen und (Einzel‑)Veranstaltungen der Volkshochschule aufgebaut und gefördert werden.

 

Quellen:

(1) Kneuer, M. (2017). Politische Kommunikation und digitale Medien in der Demokratie, Zugriff am 31.03.2020, Verfügbar unter https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/medienpaedagogik/medienkompetenz-schriftenreihe/257593/politische-kommunikation-und-digitale-medien-in-der-demokratie

(2) Bojanowski, A. et al. (2019). Rezo-Video "Die Zerstörung der CDU": Die Schwarzen getroffen?, Zugriff am 01.04.2020, Verfügbar unter https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rezo-video-die-youtube-angriffe-auf-die-cdu-im-spiegel-faktencheck-a-1268973.html

(3) Boehme-Neßler, V. (2018). Das Ende der Demokratie? Effekte der Digitalisierung aus rechtlicher, politischer und psychologischer Sicht. Berlin: Springer.  

(4) Volkshochschulverband Baden-Württemberg (2018). vhs von A bis Z, Zugriff am 01.04.2020, Verfügbar unter https://www.vhs-bw.de/wir-ueber-uns/vhs-verband/vhs-a-z_internet.pdf