Digitalisierung und Kommunikation - Perspektiven und Herausforderungen für die Bildungsberatung
Bildung ist das wichtigste Wachstumsfeld unserer Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund erstreckt sich Bildungsberatung auf eine Vielzahl von Tätigkeiten, die Bürger*innen jeden Alters in jedem Lebensabschnitt dazu befähigen, sich Klarheit und Aufschluss über ihre Fähigkeiten, Kompetenzen, Interessen und Bildungsziele zu verschaffen. Sie treffen Ausbildungs-, Bildungs- und Berufsentscheidungen um ihren persönlichen Werdegang bei der Ausbildung, im Beruf sowie in vielfältigen Lebenssituationen, in denen diese Kenntnisse erworben und eingesetzt werden, selbst in die Hand nehmen zu können.
Digitalisierung als Oberbegriff für den digitalen Wandel der Gesellschaft und der Wirtschaft bezeichnet den Übergang hin zum Zeitalter von Wissen und Kreativität, das durch digitale Technologien und digitale Innovationen geprägt wird. Die Digitalisierung soll als große Chance betrachtet werden. Sie hat einen übergreifenden Transformationsprozess in Gang gesetzt – mit Implikationen für die Gesellschaft, die Organisationen und die Kommunikation. Die altersbedingte „digitalgap“, die digitale Kluft, schließt sich zunehmend. Chancen für die Online-Beratung ergeben sich in der erhöhten Sichtbarkeit und einer verbesserten Zugänglichkeit, zum Beispiel in ländlichen Regionen. Operative Herausforderungen entstehen bezüglich der Kosten und der Betreuung der Ausstattung und der digitalen Infrastruktur für die Berater*innen und ihre Einrichtungen. Eine weitere Anforderung stellt die Verbindung von Beratungsangeboten mit Social Media-Aktivitäten dar. Damit sind Formatentwicklungen verbunden, um Social Media als neue Beratungsplattform zu nutzen. Dies erfordert ein Umdenken, damit sich Berater*innen nicht nur als Expert*innen sondern auch als aktive Teilnehmer*innen verstehen und engagieren, um Angebotsformen von Bildungsberatung stärker nachfrageorientiert zu gestalten. Hierbei wird es notwendig, aktuelle Trends hinsichtlich der Nutzung neuer Dienste aktiv in konzeptionelle Weiterentwicklungsprozesse einzubinden.
Digitale Transformation – was bedeutet das noch für die Online-Beratung? Die Arbeitswelt wird immer digitaler, schneller und spezieller. Wer mithalten will, muss sich laufend fort- und weiterbilden. Lebensbegleitendes Lernen ist sowohl Voraussetzung als auch Garant unserer wirtschaftlichen Stärke – für jede*n Einzelne*n, aber auch für die gesamte Gesellschaft. Neue technische Möglichkeiten und die Künstliche Intelligenz unterstützen lebenslanges Lernen hierbei individuell und flexibel.
Der Bildungsweg ist nach dem Ausbildungs- oder Studienabschluss nicht zu Ende. Gerade die Notwendigkeit spezialisierter Kenntnis führt zu einer starken Individualisierung von Bildungsbiografien. Zahlreiche Umbruchs- und Übergangsphasen und Erfahrungen des Scheiterns sind Elemente dieser Selbstfindung. Mit dem sprunghaften Anstieg von Qualifizierungsoptionen ist zugleich die Notwendigkeit kundiger (Weiter-)Bildungsberatung gestiegen. Sie gibt Orientierung, hilft in Krisensituationen und weist auf Angebote hin.
Skype-Gespräche, Webinare, Chat und soziale Medien werden gezielt zur Kommunikation in der Bildungsberatung genutzt. Wie funktioniert das und ist es nur vorübergehend? Hat beispielsweise die Pandemie dauerhafte Konsequenzen für die Onlineberatung? Wie kann mit Ratsuchenden über digitale Wege der Kontakt gehalten werden? Online-Beratungen weisen eine Niedrigschwelligkeit auf, da Ratsuchende sich nicht den Dynamiken einer Face-to-Face-Interaktion stellen müssen und somit einen höheren Grad an Selbstbestimmung haben. Für erfolgreiche Beratungsprozesse sind vertrauensvolle Beziehungen unerlässlich.
Im Verständnis der Weiterbildungsberatung als übergeordnete Querschnittsaufgabe der Akteur*innen in der vielschichtigen Bildungslandschaft sind Online-Beratungen in die bestehenden Strukturen zu integrieren. Bildungsberater*innen haben hier eine zentrale Brückenfunktion. Sie vermitteln zwischen der individuellen Lage der Ratsuchenden und den Bildungsangeboten mit der Unterstützung von vielseitigen analogen und digitalen Beratungsformaten. Dabei müssen sie sich tagesaktuell in der diversifizierten Bildungslandschaft auskennen und häufig aufgrund kurzer Beratungsgespräche beurteilen, ob Angebot und Interessent*in zusammenpassen. Patentrezepte helfen da nicht. Beratung soll hierbei als professionelle soziale Dienstleistung verstanden werden. Die Berater*innen können auch im Kontext der kollegialen Beratung unterstützend auf ein umfangreiches Netzwerk an Beratungseinrichtungen zurückgreifen und Synergien nutzen.
Gute Weiterbildung setzt gute zielführende Bildungsberatung voraus und sichert nachhaltig soziale sowie berufliche Teilhabe in unserer Gesellschaft für die Zukunft.
Quellen
https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/weiterbildung/nationaleweiterbildungsstrategie/nationaleweiterbildungsstrategie_node.html
„Perspektiven der Bildungsberatung“, EBook. herausgegeben von Adrian Jitschin, Katharina Dötzer, Alexander Brechtel, Vandenhoeck & Ruprecht
„Bildungsberatung in Beschäftigung und Weiterbildung im Kontext der Digitalisierung“, Prof. Tim Stanik, Prof. Cornelia Maier-Gutheil, 14.05.2020