Zweiter Bildungsweg: Nachholen von Schulabschlüssen an Volkshochschulen in Baden-Württemberg

Autor: Dr. Bodo Degenhardt

Strukturen und Angebote  des Zweiten Bildungsweges

Auf dem Zweiten Bildungsweg können Personen ohne Hauptschulabschluss ("Berufsreife"), Realschulabschluss ("Mittlere Reife") oder Abitur ("Hochschulreife") diese staatlich anerkannten Qualifikationen des ersten schulischen Bildungsweges nachholen. Allerdings ist der Begriff Zweiter Bildungsweg nicht eindeutig geregelt; auch gibt es – zumal auf Bundesebene und im Ländervergleich – keine genaue Abgrenzung von Einrichtungen, die dazu gehören. Zum Zweiten Bildungsweg rechnet man in Baden-Württemberg Tages- und Abendkurse zur Vorbereitung auf den nachträglichen Hauptschulabschluss als Schulfremdenprüfung, Abendrealschulen, Berufsaufbauschulen und Technikerschulen, die zu einem Mittleren Bildungsabschluss führen sowie Abendgymnasien und Kollegs, Berufsoberschulen und Berufskollegs, die das Nach- holen der allgemeinen bzw. fachgebundenen Hochschulreife sowie der Fachhochschulreife ermöglichen.

Angebote zum Nachholen von Schulabschlüssen für junge Erwachsene nach Beendigung der allgemeinen Schulpflicht und in der Regel nach einer Berufsausbildung bzw. einer längeren Berufstätigkeit gehören seit jeher zum Aufgabenfeld der Volkshochschule als öffentlich verantworteter Weiterbildungseinrichtung. Diese konzentrieren sich allerdings aus organisatorischen, finanziellen, personellen und räumlich-strukturellen Gründen auf mittlere und große Volkshochschulen. So bieten in Baden-Württemberg Vorbereitungskurse auf den Hauptschulabschluss als Schulfremdenprüfung derzeit 25 Volkshochschulen an; 13 Volkshochschulen sind Träger einer Abendrealschule und an 17 Volkshochschulen gibt es ein Abendgymnasium. Auch wenn es beim Zweiten Bildungsweg neben der vhs noch andere Anbieter und Träger gibt – insbesondere rund 30 weitere Abendrealschulen in unterschiedlicher Trägerschaft sowie sechs Kollegs als Tagesreinrichtungen und außerdem zwei weitere Abendgymnasien – kann insgesamt in Baden- Württemberg noch von keinem wirklich flächendeckenden Angebot in leicht erreichbarer Entfernung für alle Interessenten und Interessentinnen gesprochen werden.

Bedeutung und Finanzierung des Nachholens von Schulabschlüssen

Zusätzliche Einschränkungen des Zugangs ergeben sich aus der Finanzierungssituation – so wurden beispielsweise die Zuschüsse des Landes an die Abendrealschulen und Abendgymnasien im Frühjahr 2005 um 10% gekürzt und es mussten entsprechend die Schulgebühren auf mehr als das Doppelte bis Dreifache erhöht werden. Hinzu kommen für viele der hochmotivierten, zielorienterten und leistungsfähigen Abendschülerinnen und Abendschüler neben Anmeldegebühren und Aufwendungen für Lernmittel erhebliche Fahrtkosten aufgrund des recht weitmaschigen Netzes der Standorte des Zweiten Bildungsweges. Mit den knappen Finanzen ist eine überbordende und umständliche Förderbürokratie verbunden, die den Trägern die Arbeit zusätzlich erschwert.